Abends in der Holzknechthütte sollen auch Geschichten erzählt worden sein. Ludwig Ploderer aus Weichselboden hat in seinem Buch „Sagen und Legenden aus Mariazell und Umgebung“ einige davon gesammelt und aufgeschrieben. Ein Beispiel:
Die Waldfrau und der Knecht In der Gegend von Mariazell lebte einst ein Knecht, der war so arm, dass er nur ein einziges Hemd hatte. Um nicht hemdlos herumzugehen, wollte er es niemals waschen lassen. Deshalb war es auch mit der Zeit steif wie Blech geworden.
Einst musste er am Waldessaume ackern. Die Sonne schien sehr heiss, sodass er reichlich Schweiss vergoss. Als er zum Essen ging, zog er das nasse Hemd aus, hing es zum Trocknen an der Zaun und bekleidete seinen Oberleib nur mit der Jacke.
Als die Hausleute in der Stube zu Tische sassen, hörten sie von der Waldschlucht her ein helles Patschen von Waschbläuern. Als nach beendigter Mahlzeit der Knecht wieder an seine Arbeit ging, fand er sein Hemd schneeweiß gewaschen auf dem Pfluge und daneben ein blütenweisses Brot. Die gütigen Waldfrauen hatten dem Knecht das Hemd gewaschen und ihm noch dazu eine schmackhafte Jause gegeben.
Eine Geschichte aus der Gegend von Amstetten:
Der betfaule Holzknecht In der Umgebung von Kürnberg war es früher Sitte, dass die Bauern und Holzknechte jeden Samstag schon um drei Uhr nachmittag mit ihrer Arbeit aufhörten. Am Anfang und am Ende der Arbeit sagten sie immer: "In Gottes Namen!" Darauf wurde gemeinsam der Rosenkranz gebetet.
Einmal wollte sich ein junger Holzknecht nach der Arbeit vom Rosenkranzbeten drücken und ging statt dessen ins Wirtshaus. Auf dem Wege durch den Wald hörte er plötzlich das Geräusch des Holzschneidens. Weil er aber wusste, dass um diese Zeit kein HoIzknecht mehr im Walde war, rief er: "Ihr Teufel, werdet ihr aufhören mit dem Holzschneiden!" - Daraufhin wurde aber der Lärm immer wilder und wilder, und bald hörte der entsetzte Holzknecht 100 Sägen kreischen. Nun wurde seine Angst immer größer, und er schrie schnell: "Hört auf, in Gottes Namen!" - Sofort war der Lärm verstummt, und nichts rührte sich mehr. Der Holzknecht kehrte gern wieder zum Rosenkranzbeten zurück und erzählte allen sein unheimliches Erlebnis.
Quelle: Sagen aus dem Mostviertel
Die Legende berichtet folgende Gründungsgeschichte von Mariazell: Abt Otker vom Benediktinerkloster St. Lambrecht sandte im Jahre 1157 einen Mönch namens Magnus in die Mariazeller Gegend, die zum Besitz des Klosters gehörte. Jener Mönch sollte die Seelsorge der dort lebenden Menschen übernehmen. Mit Erlaubnis des Abtes durfte er seine aus Lindenholz geschnitzte Marienstatue auf die weite Reise mitnehmen.
Am Abend des 21. Dezember versperrte ihm nahe des Zieles ein Felsblock den Weg. Magnus wandte sich Hilfe suchend an die Muttergottes, worauf sich der Felsen spaltete und den Weg freigab. Am Ziel angekommen, stellte der Mönch die Statue auf einen Baumstrunk und begann eine "Zelle" zu bauen, die als Kapelle und gleichzeitig als Unterkunft für ihn selbst diente. Maria in der Zelle gab dem Ort seinen Namen.
Die Marienstatue wurde zum berühmten Gnadenbild, das noch heute als Magna Mater Austriae, als große Mutter Österreichs, verehrt wird.
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