Das Fällen eines Baumes - der ganze Mann war gefordert
Ein hundertjähriger Baum war immer ein respekteinflössender Riese. Eine Gruppe von Holzknechten (Pass) fällte und “zerwirkte” ihn nach überlieferten Regeln. Eine körperlich schwere und gefährliche Arbeit. Größte Vorsicht war die Pflicht jedes einzelnen.
Die Holzauszeige Bei der „Holzauszeige“ durch den Revierförster wurden die Stämme, die vom Holzknecht zu entnehmen waren, mit der Hacke markiert (ein Stück Rinde wurde entfernt; es konnte aber auch die Grenze, bis wohin geschlägert werden sollte, gekennzeichnet werden: durch eingeritzte Kreuze auf den Bäumen, die stehen bleiben sollten). Die Holzknechte waren darin geübt, diese Zeichen zu finden. Bei der Erstdurchforstung (Vornutzung) erhielt man so z.B. Schleifholz für die Papiererzeugung. 20 bis 30 Jahre später kam dann eine Zweitdurchforstung, bei der man schon Bloche erhielt (von ½ bis ¾ Festmeter). Eventuell fand noch eine 3. Nutzung statt („Lichtung“, Durchscheinen der Sonne auf den Waldboden, Entstehen von Jungpflanzen, Naturverjüngung). Die verbleibenden Stämme werden heute Z-Stämme (Zukunftsstämme) genannt.
Die Pass Die Zuteilung eines Auftrages an eine Pass (Arbeitsteam) zur Schlägerung eines bestimmten Waldstückes erfolgte zu Wochenbeginn. Dieses Stück war vorher vom Förster bereits „ausgezeigt“ worden. Dabei wurden die Namen des Waldstückes genannt, z.B. „Am Falken“ (heute werden die Bezeichnungen aus dem Holzkataster verwendet, z.B. „Abteilung B/II“).

Eine Pass bestand in der Regel aus zwei Arbeitsgruppen zu je vier Mann. Pro Gruppe waren zwei Mann („Schneider“) bei der Zugsäge (scherzhaft „Flachsengatter“ genannt, in Anlehnung an das Sägewerk), ein Mann beim Entasten (mit der Asthacke), einer beim Entrinden (mit dem Nutzrindenschäler / Loheisen / Schinder). Die Schneider haben sehr oft mitgeastet, da ihre Arbeit schneller erledigt war. Meist sind die Bloche bereits auf die gewünschte Länge geschnitten worden (4m, 5m, 6m), unter Verwendung einer Maßstange (2m lang mit einer Kerbe in der Mitte) beim Führer der Sägepartie.
Die Bloche sind „gespranzt“ worden: die beiden Enden wurden am Rand mit der Hacke abgerundet (abgefast), damit sich die Bloche bei der Lieferung / Bringung nicht in die Erde eingraben konnten.
Wie gefällt wird Die Schlägerung begann immer vom oberen Teil des Schlages nach unten, damit die abgeschlagenen Äste die Holzknechte nicht bei der Arbeit behinderten (die Äste wurden immer seitlich des Bloches abgeworfen). Der Baumschnitt erfolgte so weit unten am Stamm wie möglich, damit der Holzverlust möglichst gering war. Im Bergland wurde hauptsächlich von April bis Oktober geschlägert. (Es konnte aber auch im Winter geschlägert werden - „wintergeschlägertes“ Holz ist widerstandsfähiger.) Anschliessend kam die Zeit des Lieferns.
Vor dem Fällen wurde die Fallrichtung bestimmt und es wurde der Fallkerb an der Fallseite zu zweit (abwechselnd) herausgehackt. Die Tiefe des Fallkerbs bei geradstehenden Bäumen sollte 10 bis 15 Prozent des Durchmessers betragen (Faustregel). Die untere Seite der Kerbe ist horizontal, die obere geneigt (flach oder steil nach der Meinung des Holzknechts). Bei Bäumen mit Neigung wurde ein größerer Fallkerb (mindestens 1/3 des Durchmessers, links und rechts zur Bruchleiste hin, weil der Stamm an der Aussenseite zäher ist) erforderlich, da sonst die Gefahr des Aufreissens bestand. Man musste den Baum nicht keilen, weil er durch das eigene Gewicht umfiel. Zwischen dem Fallkerbboden und dem Schnitt entsteht beim Fallen des Stammes die „Bruchleiste“. Die Bruchleiste muss stehen bleiben, das sonst der Baum beim Stürzen „abprellen“ könnte und den Holzknecht gefährden würde.
Gegenüber dem Fallkerb wurde eingesägt und hinter der Säge gekeilt, ein Holzknecht links, der andere rechts (zwei trockene Holzkeile). Wenn der Baum zu fallen begann, wurde gerufen: „Baum fällt“ und alle mussten sich in Sicherheit bringen.
Der Windwurfbaum Bei einem Windwurfbaum (ein vom Wind umgeworfener und entwurzelter Baum) wurde dort, wo man mit der Zugsäge nicht arbeiten konnte, auch der Fuchschwanz verwendet. Geschnitten wurde dabei von oben und von unten. Diese Arbeit war wegen der Druckverhältnisse im Stamm besonders gefährlich. Der Fluchtweg rund um die Arbeitsstelle wurde mit Sorgfalt von Hindernissen befreit, um bei Gefahr schnell wegspringen zu können. Der gefällte Baum wurde dann gleich entastet (mit dem Kommando „geh’ rama“), mit der Asthacke wurden die Äste abgehackt. Wenn ein Stück (5 bis 6m) entastet war, wurde der Stamm gleich durchgeschnitten. Die Länge wurde vom „Passmeister“ entschieden, oft musste dabei auf das Gelände (Steine, Stöcke) Rücksicht genommen werden. Ziel war es, möglichst viele sechs Meter lange Bloche zu bekommen.
Schinder (Loheisen) und Schöpser (Schäleisen) Von Mai bis etwa 15. August „geht der Saft“ in den Baum, da hat man „im Saft gearbeitet“. Der ganze Stamm wurde gleich nach dem Entasten mit dem Schinder entrindet (geschunden), damit der Stamm bis zur Lieferung austrocknen konnte. Die Rinde wurde der Länge nach aufgerissen und dann im rechten Winkel mit der Schneide des Schinders abgelöst. Erst im September wurden diese Stämme auf Bloche zerschnitten.
Der Schöpser kam erst zum Einsatz, wenn der Saft weg war, im Herbst. Wenn ein vier Meter langer Bloch zu entrinden war, hat der Holzknecht mit dem Schöpser zuerst ein zwei Meter langes Stück, beginnend beim Schnitt, entrindet, ist dann „nachgegangen“ und hat die nächsten zwei Meter “gemacht”. Dann wurde der Bloch mit dem Sappl gedreht und auf der anderen Seite bearbeitet. Beim Drehen schwerer Bloche wurde ein stärkerer Ast unter den Sappl gelegt, um ihm eine feste Unterlage zu geben und die Hebelwirkung zu verstärken.
Die Bloche sind maximal sechs Monate im Wald gelegen um sie auszutrocknen und damit leichter und stabiler zu machen. Damit war auch die Lieferung einfacher und der Verlust (Manko, Abgang) war geringer.
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